Mit Hilfe von Hunden dazugehören

Die meisten von uns stehen hoffentlich kurz vor einer Sommerpause! Nehmen wir uns doch ein bisschen Zeit, um in dogdotcom etwas über die Hundewelt zu lesen, und uns unseres Glücks zu erfreuen.

In weniger als einen Monat werden viele in Helsinki zusammenkommen, zur größten je veranstalteten FCI-Welthundeausstellung: Die Anmeldungen sind sehr vielversprechend, und da Finnland ein sehr hundefreundliches Land ist, können wir mit hohen Teilnehmerzahlen rechnen!

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Marie Luna Durán
FCI Marketing und Public Relations Manager
The domestication and first utilizations of the dog (part 2/5)

Read the whole article and more in the FCI Centenary Book www.fci.be/onlinecatalogue.aspx

Bernard DENIS, France
Honorary Professor, National Veterinary School, Nantes
Ex-member of the FCI Scientific Commission
Translation: J. Mulholland

Wo wurde der Hund domestiziert?

Da die Arten unterschiedliche Merkmale aufwiesen, gab es früher je nach der Zahl der Domestizierungszentren verschiedene Herangehensweisen. Während die Domestizierung einerseits in mehreren Zentren praktiziert wurde (wiederholte Domestizierung, die entweder parallel oder in verschiedenen Zeiträumen an verschiedenen Orten weltweit erfolgte), kam es teilweise auch zur Beschränkung auf ein Zentrum (wie in den Regionen des Nahen Ostens, über die sich die domestizierten Arten verbreiteten). Auch wenn die Beschränkung auf ein Domestizierungszentrum für bestimmte Rassen (Esel, Truthahn usw.) typisch bleibt, war der Hund geradezu prädestiniert für die parallele Domestizierung. So war es fast selbstverständlich, dass Jäger-und-Sammler-Völker ab einem bestimmten Entwicklungsstadium versuchten, Wölfe zu zähmen, die den gleichen Lebensraum besaßen wie sie und in gewisser Weise Kameraden waren, weil sie sich möglicherweise von Essensresten des Menschen ernährten.

2002 förderte die Molekulargenetik eine gegenteilige Erkenntnis zu Tage: Danach soll die Domestizierung ihren Anfang ausschließlich im Fernen Osten genommen haben, von wo aus sich alle Hunderassen verbreiteten.9 Diese These löste zahlreiche Reaktionen seitens der Archäologen aus, die sich bis zum Beweis des Gegenteils nach wie vor auf ihr klassisches Konzept der parallelen Domestizierung stützen. Die ältesten und heute anerkannten Belege für Hunde finden sich in erster Linie im Fernen und Nahen Osten sowie in Europa, d.h. insbesondere in Frankreich, Deutschland und Spanien, aber auch in Asien und sogar Nordamerika. Demgemäß sind die Ursprünge äußerst verstreut. Eine solche These lässt sich jedoch kaum mit der frühzeitigen Verbreitung über ein einziges Domestizierungszentrum vereinbaren. Die Domestizierung des Hundes dürfte an verschiedenen Orten weltweit und für viele Hunde separat erfolgt sein.

Prähistorischer Stich aus dem südlichen Oranais, Gouiret bent Saloul, Algerien

Um die Erkenntnisse aus der Molekulargenetik dennoch bestmöglich zu berücksichtigen, verweisen die Archäologen darauf, dass die Wanderung der Hunde gen Westen – gemäß der Theorie eines einzigen Domestizierungszentrums im Fernen Osten – möglicherweise asiatische Wölfe (die Wanderungen der Wölfe sind erwiesen) betraf, die sich mit westlichen Wolfsrassen kreuzten. Dies würde auch die späteren Widersprüche bei der genetischen Analyse erklären.10 Andere genetische Untersuchungen neueren Datums legen den Schluss nahe, dass die heutigen Hunde auf mehrere Wolfpopulationen zurückgehen. Dies wiederum spricht für die klassische These mehrerer Domestizierungszentren.11

Im Übrigen wurden selbst im Anschluss an die Ergebnisse der Molekulargenetik weitere Forschungen angestellt. So kommt ein 2010 veröffentlichter Artikel zu dem Schluss, dass der Hund nicht in Asien, sondern in erster Linie im Nahen Osten domestiziert wurde. Daneben dürfte es noch weitere Domestizierungszentren gegeben haben, wie in China und Europa.12

Warum wurde der Hund domestiziert?

Bislang war die landläufige Meinung, dass der Mensch Hunde zu Nutzzwecken domestizierte. Sollte es stimmen, dass eine Art, die keinerlei Nutzen mit sich bringt bzw. einer bereits domestizierten Art in keiner Weise überlegen ist, kaum Chancen besitzt, zu einem Haustier zu werden bzw. ein Haustier zu bleiben, wird auch die Theorie, dass die Domestizierung ursprünglich aus reiner Zweckmäßigkeit erfolgte, praktisch entkräftet. Alternative Theorien besagen insbesondere Folgendes:

  • Da alle Zivilisationen Haustiere in einem religiösen Kontext nutzten (wie durch Vergötterung oder die Nutzung als Opfertiere), besteht teilweise die Meinung, dass „der primitive Mensch ursprünglich einen Totemkult betrieb, später jedoch mehr und mehr dazu überging, die Tiere als Haustiere zu nutzen“13;
  • Andere wiederum sind der Auffassung, dass die Domestizierung mehr oder weniger aus sich heraus erfolgte und der Mensch gar nicht wahrnahm, wie sich die sozialen Bindungen zwischen dem Tier und ihm selbst nach und nach festigten;
  • Nach der neuesten These erwuchs die Domestizierung zunächst aus dem Bedürfnis, das Tier gefügig zu machen und zu beherrschen, bevor es schließlich in den Dienst des Menschen gestellt wurde.14

Dessen ungeachtet ist es nicht möglich, eine auf spezifischen Gründen beruhende Domestizierungsphase zeitlich von der nachfolgenden Phase zu isolieren, in der die Tiere einem Nutzzweck dienten. Beide Phasen überschnitten sich über einen langen Zeitraum, wobei das Potenzial der Tiere als Nutztiere zweifellos recht schnell erkannt wurde.

Was bedeutet dies für den Hund? Gewiss ist die These vorherrschend, wonach der Hund ursprünglich ein wichtiger Helfer des Menschen bei der Jagd war. Doch das ist durch die aktuelle Praxis von Jäger-und-Sammler-Völkern (siehe die nachstehenden Ausführungen) nicht unbedingt belegt. Entsprechend könnte es sich dabei eher um eine sehr frühzeitige Nutzungsform handeln als um den Grund für die Domestizierung. Die drei vorgenannten alternativen Theorien lassen sich problemlos auf den Hund übertragen. Die größte Bedeutung besäße dabei möglicherweise die erste Theorie. Tatsächlich sind auch die ältesten Knochenüberreste von Hunden, die übrigens in keiner Weise darauf schließen lassen, dass Hunde der Ernährung dienten (dies kam erst sehr viel später), häufig einem rituellen Kontext zuzuordnen und mitunter sogar in menschlichen Gräbern zu finden. Dass der Hund mit den – frühzeitigen und universellen – Totenriten in Zusammenhang stand, kann als Beweis für primäre Formen religiöser Gefühle mit Bezug zum Geistlichen und dem Glauben an das Jenseits betrachtet werden. Folglich ist nicht auszuschließen, dass der Hund zunächst der rituellen Funktion diente, die den anderen, zahlreicheren und vielfältigeren Nutzungsformen in gewisser Weise vorausging.15

9 : SAVOLAINEN, P. et al., „Genetic evidence for an East Asian origin of domestic dogs“, Science, 2002, 298, 1610-1613.

10 : VIGNE, J.D., op. cit. (siehe Anm. 4).

11 : VILA, C. et al., „Genes of domestic mammals augmented by backcrossing with wild ancestors“, TrendsGenet., 2005, 21(4), 214-218.

12 : Von HOLDT, B.M. et al. (36 Autoren), „Genome-wide SNP and haplotype analyses reveal a rich history underlying dog domestication“; Nature, Online-Veröffentlichung am 17. März 2010 (www.nature.com/nature).

13 : Die These stammt von LEROI-GOURHAN (zitiert von: DENIS, B., „La domestication: un concept devenu pluriel“, INRA Prod. Anim., 2004, 17(3), 161-166).

14 : Chacun à leur manière, SIGAUT et DIGARD, en France, ont développé cette thèse : SIGAUT, F., « Critique de la notion de domestication », L’Homme, 1988, n°108, 59-71 ; DI- GARD, J.P., L’homme et les animaux domestiques. Anthropologie d’une passion, Coll. « Le temps des sciences », Fayard, Paris, 1990 (ré- édité en 2009).

15 : LICARI, S., « Fonction rituelle du chien : première utilisation ? », Eth- nozootechnie, 2006, n° 78, 115-119.