Seit Jahrhunderten übernimmt der Hund für den Menschen Aufgaben, die der Mensch
nicht selbst bewältigen kann. Beispiele sind das Hüten von Herden oder das Zurücklegen
langer Strecken unter erschwerten klimatischen Bedingungen wie in nordischen Ländern.
Manche Nutzungsformen haben sich im Laufe der Zeit zu Sportarten entwickelt. Man
denke an Schlittenhunde oder viele Hütehunde, die inzwischen eher spielerische denn
arbeitstechnische Verwendung finden. Die Rolle dieser Hunde und ihr Stellenwert
sind für uns allgegenwärtig, denn ihr erstaunliches Leistungsvermögen zeigt sich
immer wieder bei Wettbewerben. Weil der Mensch weiß, dass bestimmte Sinne wie insbesondere
der Geruchssinn bei Hunden wesentlich besser entwickelt sind als beim Menschen,
will der Mensch „seinem besten Freund“ Dinge beibringen, die ihm in seinem Alltag
helfen können.
Man könnte meinen, diese Hunde seien wohlbekannt. Schließlich hat jeder das Bild
von Such- und Rettungsteams vor Augen, die sich durch Trümmer wühlen und Menschen
lebend bergen. Oder Polizeihunde, die Sprengstoff aufspüren oder einen Verbrecher
verhaften helfen. Doch im Gegensatz zu ihrem Hundeführer oder den Behörden finden
diese Leben rettenden Hunde kaum Beachtung. Wir vergessen, dass diese Hunde Tag
für Tag im Dienste unserer Gesellschaft stehen, uns Probleme ersparen und beispielsweise
ein Kind finden, das sich im Wald oder einem Park verirrt hat. In den Nachrichten
finden Hunde häufig überhaupt keine Erwähnung – selbst dann nicht, wenn ein Gebrauchshund
beteiligt war. Wer weiß schon, dass Hunde Jahr für Jahr immer wieder Diabetiker
vor dem Tod bewahren, weil die Tiere dazu ausgebildet wurden, die Symptome einer
beginnenden Unterzuckerung richtig zu deuten. Nur wenigen ist bewusst, wie viele
Menschenleben jedes Jahr durch Hunde gerettet werden.
Auch im medizinischen Bereich besitzt der Hund heutzutage einen hohen Stellenwert.
Hunde für Blinde oder Menschen mit Behinderungen kennt jeder, weil zahlreiche Vereinigungen
über sie sprechen und die Menschen aufklären. Bestimmte Hunde sind dazu ausgebildet,
tauben Menschen zu helfen (sie schlagen Alarm, wenn eine Glocke klingelt oder ein
Baby schreit). Auch bestimmten autistischen Kindern verhelfen Hunde zu mehr Lebensqualität.
Doch davon hört man nur selten. Selbst Ärzte und Biologen erhalten Hilfe von Hunden:
So erkennen Hunde bestimmte Krebsarten wie Blasen- oder Prostatakrebs früher als
medizinische Geräte.
Dank seines außergewöhnlichen Geruchssinns kann der Hund auch dem Menschen helfen,
seine Umwelt zu kennen und zu schützen. Einige Hunde können Parasiten in Pflanzen
(wie in Palmen in Abu Dhabi) oder Gebäuden aufspüren (wie in Südkorea). Auf diese
Weise lassen sich Plagen durch entsprechende Maßnahmen verhindern. Ebenso gibt es
Hunde, die vom Aussterben bedrohte Arten (wie bestimmte Schildkrötenarten in der
Mojave-Wüste) und die Exkremente anderer finden können (z.B. in den Vereinigten
Staaten), damit deren Population geschützt werden kann.
Doch trotz der großen Aufgabenvielfalt von Gebrauchshunden in unserer Gesellschaft
werden Hunde noch immer unterschätzt. Mehr über ihre Fähigkeiten zu erfahren, ist
schwierig. Wie man ihre Leistungen verbessern und ihnen bei ihren Aufgaben helfen
könnte, ist kaum Gegenstand von Forschung. Hunde sind wahre Athleten und müssen
ihre Arbeit weltweit unter allen Bedingungen verrichten. Damit sie stets eine Spitzenleistung
erbringen und der Hundeführer so lange wie möglich mit seinem Hund arbeiten kann,
müssen wir ihre Bedürfnisse kennen.
Dr Delphine Clero
Abteilung für Zucht und Sportmedizin (Ecole Nationale Vétérinaire d’Alfort, Frankreich)
Ecole Nationale Vétérinaire d’Alfort, Frankreich
Link zum Video (auf Englisch)
http://www.fci.be/symposium2011/dclero.html
(aufgenommen am 11. November 2011, anlässlich der FCI-Kynologietage (FCI Cynological
Days) im Rahmen der Feierlichkeiten zum hundertjährigen Jubiläum der FCI).